• PROspekt
  • Theater Erfurt
  • # 5 | Dezember 2017 - Februar 2018
  • S. 8

Premiere

Kunst mit Handwerk

Der Bühnenbildner Frank Philipp Schlößmann zur Theatermalerei in der Lustigen Witwe

Interview: Arne Langer

In: PROspekt, # 5 | Dezember 2017 - Februar 2018, Theater Erfurt, S. 8 [Publikumszeitschrift]

Warum wurden früher mehr Dekorationen gemalt als heute?

Das ist eine lange Geschichte: Die Theatermalerei erlebte im Barock eine erste Blütezeit, dann kam die Romantik und Ende des 19. Jahrhunderts die hohe Kunstfertigkeit im Bühnenbild u.a. am Meininger Hoftheater. Im 20. Jahrhundert kamen andere Sehgewohnheiten auf. Der Anspruch an Realismus stieg durch die Konkurrenz zum Film mit seinen realistisch gebauten Dekorationen. Die Theatermalerei bekam Konkurrenz, aber wurde natürlich weiter gepflegt. 

Wie wichtig ist Gemaltes in Ihrem Bühnenbild zur Lustigen Witwe?

Es ist immer die Entscheidung: Aus was machst du dein Bühnenbild? Wir sind davon ausgegangen, dass es eine Operette ist, die 1905 in Wien uraufgeführt wurde. So hatte ich mit Axel Köhler schon überlegt, den 2. Akt in der Pariser Oper spielen zu lassen. Und so wollen wir mit dem Schalk im Nacken die Operetten-Vergangenheit mit den Mitteln der Theatermalerei zitieren und das zugleich mit spitzbübischem Blick in unsere Zeit ziehen. Dazu kam ein Schlüsselerlebnis: Als ich zum ersten Mal durch die Erfurter Werkstätten lief und irgendwann im Malsaal landete, hing da eine fantastische Theatermalerei und ich merkte sofort: Da ist ein großes Potenzial in diesem Malsaal unter der Leiterin Claudia Fischer. Und mir war plötzlich klar, wir machen die Witwe mit Theatermalerei.

Wo kommen die Leute her, die so etwas können?

Die Besten kommen aus Dresden. Ich habe ja selber in den letzten Jahren oft an der Semperoper gearbeitet, und früher war da ja noch Professor Münch im Malsaal. Du merkst das einfach an der Ausbildung, die ist nicht zu bezahlen. Ich kenne das als alter Wessi ursprünglich nur als reinen Lehrberuf, in Dresden aber kann man das studieren. Und das ist im besten Sinne des Wortes Kunsthandwerk. Und diese Ausbildung spürt man auch bei den Theatermalerinnen in Erfurt. Und wenn da so ein Potenzial vorhanden ist, dann lecken die im Malsaal sich die Finger und ich mir auch.

Werden Videoprojektion und Digitaldruck die Theatermalerei verdrängen?

Sicher nicht. Die besondere Qualität von Theatermalerei sollte und wird sicher weiter gepflegt werden. Je älter ich werde, desto lieber habe ich es. Es wäre schade, wenn das verlorenginge, das ist zu gut. Auch wenn Digitaldruck oder Projektionen ihre Berechtigung haben, sind das doch andere Medien. Ich will ja gar nicht in Konkurrenz treten mit dem Realismus des Films. Ich will vielmehr, dass mein Entwurf noch durch künstlerische Hände geht. Und wenn die dann eine so tolle Handschrift haben, wie bei euch im Malsaal, ist das natürlich fantastisch.


Frank Philipp Schlößmann stammt aus Bad König im Odenwald. Er studierte am Salzburger Mozarteum Bühnen- und Kostümgestaltung, arbeitete danach mit namhaften Regisseuren an zahlreichen Opernhäusern, u.a. an den Staatsopern Berlin, München, Hamburg, Hannover, der Semperoper Dresden, der Deutschen und Komischen Oper Berlin, den Opern in Köln, Leipzig, Düsseldorf und Essen. Engagements führten ihn an die Met, die Opernhäuser in San Francisco, Chicago, Houston, Los Angeles und San Diego, das Royal Opera House London sowie die ENO, nach Barcelona, Florenz, Venedig, Bologna, Genua, Catania, Budapest, Amsterdam, Oslo, Helsinki, Zürich, sowie an das Teatro Colón Buenos Aires, nach Peking, Tokio und an das Mariinsky Theater St. Petersburg. Außerdem entwarf er Ausstattungen für die Bregenzer und Bayreuther Festspiele sowie die Seefestspiele Mörbisch.

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