• Magazin
  • Oper Frankfurt
  • November 2020
  • S. 9

Neu im Ensemble

Höhenflüge

Florina Ilie, Sopran

Text: Konrad Kuhn

In: Magazin, November 2020, Oper Frankfurt, S. 9 [Publikumszeitschrift]

Ihr ursprünglicher Traum war: Flugbegleiterin. Doch die Aufnahmeprüfung für die Ausbildung auf der einzigen Schule in Rumänien misslang. Und dann wurde ein anderer Traum wahr: Singen. Zur Musik war Florina Ilie schon früh gekommen, obwohl es im Elternhaus keine ausübenden Musiker*innen gab. Im oberen Stockwerk ihres Kindergartens befand sich eine Musikschule, und die Klavierklänge, die aus den Fenstern drangen, faszinierten sie. Doch wie Klavierspielen lernen ohne ein Klavier? Man riet ihr dazu, Geigespielen zu lernen – da war das Instrument leichter zu beschaffen. Ihre Leidenschaft dafür hielt sich trotz acht Jahren Unterrichts in Grenzen. Ihre Geigenlehrerin schlug ihr vor, im Chor zu singen. Da war Florina Ilie in ihrem Element.

Also studierte sie Gesang, zunächst in ihrer Geburtsstadt Bukarest, und dann im Rahmen eines Postgraduierten-Studiums an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Wien (MDW): »In Wien tat sich mir eine neue Welt auf. Allein das mitunter meinungsstarke, aber immer musikbegeisterte Publikum auf den Stehplätzen der Staatsoper und in all den anderen Musikinstitutionen! « Erste Auftrittsmöglichkeiten ergaben sich bei den Opernfestspielen in Klosterneuburg. Dort sang sie Annina (La traviata) und Antonia (Hoffmanns Erzählungen). Ein Angebot, fest ins Ensemble der Wiener Staatsoper zu gehen, lehnte sie auf Anraten ihrer Lehrer*innen an der MDW ab. Dort hätte sie nur Auftrittsmöglichkeiten als Cover oder in kleinen Rollen erhalten.

Stattdessen nahm sie begeistert das Angebot von Bernd Loebe an, 2018 ins Opernstudio der Oper Frankfurt zu wechseln. Und hat in den zwei Jahren seither bereits eine Vielzahl von Rollen gesungen, darunter auch die ganz großen – etwa Ilia (Idomeneo), Gilda (Rigoletto) und Valencienne (Die lustige Witwe). Letztere mit Tanz und Dialogen – »ein besonderer Spaß!« Mozart gehört zu ihrem Kernrepertoire; Pamina, Susanna, Donna Elvira und Despina hat sie in Rumänien schon gesungen, daneben in Frankfurt die Barbarina. Die erste Zerlina war hier Ende letzter Spielzeit geplant, fiel aber der Pandemie zum Opfer. Bestimmte Rollen von Richard Strauss passen, obwohl dieser Komponist eigentlich nicht im Zentrum ihres »Stimmfachs« steht, sehr gut zu ihr; neben der Najade (Ariadne auf Naxos) liebt sie die Partie der Italienischen Sängerin (Capriccio), sozusagen die Karikatur einer Belcanto-Primadonna. Belcanto liegt ihr sehr; so stand sie in Bukarest als Adina (L’elisir d’amore) auf der Bühne. Und nun: Norina in der Neuinszenierung von Donizettis Don Pasquale. »Eine Traumrolle!«

Wobei Florina Ilie zum Stichwort »Traumrolle« ausdrücklich sagt: »Ich denke nur ganz im Stillen daran, ohne mir die Partie allzu sehr zu wünschen. Bisher sind die Rollen dann immer zu mir gekommen, oft ganz unerwartet!« Und so schön das Fliegen auch ist: Wir als Publikum freuen uns über jeden ihrer Höhenflüge auf der Opernbühne.