• Magazin
  • Oper Frankfurt
  • März/April 2022
  • S. 28-29

Im Hier und Jetzt

Domen Križaj, Bariton

Text: Maximilian Enderle

In: Magazin, März/April 2022, Oper Frankfurt, S. 28-29 [Publikumszeitschrift]

Domen Križajs Heimatregion am Rand der slowenischen Alpen bringt regelmäßig bekannte Skispringer, Biathleten und Abfahrtsläufer hervor. Neben dem Wintersport spielt aber auch die Musik eine wichtige Rolle im Alltag der Bewohner. Als Jugendlicher war Domen in zahlreichen Chören aktiv und entdeckte dort seine Leidenschaft für den klassischen Gesang. Nach dem Abitur begann er allerdings zunächst ein Medizinstudium, was für ihn die perfekte Mischung aus Naturwissenschaften, seiner zweiten großen Leidenschaft, und dem für ihn so wichtigen Umgang mit Menschen war.

Während des Studiums arbeitete Domen weiter an seiner Stimme und erzielte große Fortschritte. Auf Drängen seines Gesangslehrers bewarb er sich schließlich am Konservatorium in Ljubljana und wurde direkt angenommen. Im Jahr 2017 kam er ins Basler Opernstudio, von wo aus er 2020 schließlich ins Ensemble der Oper Frankfurt wechselte. Intendant Bernd Loebe hatte bereits 2015 versucht, den Bariton für das Frankfurter Opernstudio zu gewinnen. Doch Domen sagte damals ab: Er wollte zuerst noch sein Gesangs- und parallel dazu sein Medizinstudium abschließen. Wie er diese doppelte Herausforderung bewältigte, weiß er heute selbst nicht mehr genau: »Ich hatte einfach Glück«, sagt er lachend. Oftmals machte Domen vormittags Visite im Krankenhaus und spurtete im Anschluss zum Unterricht in die Musikhochschule.

Dort lernte er auch seine Ehefrau Mojca Bitenc kennen, die ebenfalls Medizin und Gesang studierte. Ob es eine Verbindung zwischen diesen beiden Bereichen gibt? »Musik kann wie die Medizin zu unserem Wohlbefinden beitragen. Die Menschen haben von jeher das Bedürfnis, unterhalten und dabei auch mit existenziellen Fragen konfrontiert zu werden: Wer sind wir? Wo kommen wir her? Und wo gehen wir hin? Wenn sich Kunst und Unterhaltung auf intelligente Weise verbinden, können Konzerte und Opernvorstellungen uns emotional berühren, glücklicher machen und unser Stresslevel reduzieren.«

Dass Domen seine Zuhörer*innen bewegen und zu eigenen Reflexionen anregen kann, hat er im Sommer 2020 bei einem Liederabend an der Oper Frankfurt eindrücklich bewiesen. Dabei interpretierte er u.a. Brahms’ Vier ernste Gesänge, die sich mit der Vergänglichkeit irdischen Lebens befassen. »Ich liebe es, mich auf der Bühne mit unlösbaren Fragen zu beschäftigen. Niemand von uns weiß, was nach dem Tod passiert. Mich persönlich bringen diese letzten großen Fragen immer wieder dazu, im Hier und Jetzt zu leben und meine Gegenwart bewusst zu gestalten.«

Die inhaltliche Auseinandersetzung mit den gesungenen Texten sieht Domen als einen, wenn nicht den zentralen Aspekt seiner künstlerischen Arbeit an: »Natürlich muss man als Sänger erst einmal dafür sorgen, dass die Stimme schön klingt und man das Publikum zum Zuhören verführt. Aber genauso wichtig ist es, zu untersuchen, was ein Werk mit einem selbst und unserer Zeit zu tun hat. Dafür ist es notwendig, dass man sich nicht nur in seinen Überaum einsperrt, sondern auch am sozialen Leben teilhat.«

Wenn Domen nicht gerade übt, probt oder auftritt, verbringt er so viel Zeit wie möglich bei seiner Familie in Slowenien. In den kommenden Wochen ist er allerdings fest an der Oper Frankfurt eingespannt: Zunächst wird er in Lohengrin als Heerrufer und anschließend in der Neuproduktion von Madama Butterfly als Sharpless zu erleben sein. Und wie immer hofft Domen bei den anstehenden Vorstellungen auch neue Zuschauer*innen für das Musiktheater zu begeistern: »Die Oper ist eine einmalige, zugleich poetische und realistische Kunstform. Ich freue mich immer, wenn Menschen, die zunächst Vorurteile hatten, von unserer Arbeit auf der Bühne angefixt werden.«

 

VIDEO-TIPP

OPER FRANKFURT ZUHAUSE
Auf dem YouTube-Kanal der Oper Frankfurt finden Sie den Livestream mit Mojca Bitenc, Domen Križaj und Felice Venanzoni vom Herbst 2020, in dem die beiden Arien und Duette von Mozart bis Tschaikowski sangen.
WWW.YOUTUBE.COM/OPERFRANKFURT