• Magazin
  • Oper Frankfurt
  • März/April 2012
  • S. 7

Christian Lacroix über seine Arbeit als Kostümbildner

In: Magazin, März/April 2012, Oper Frankfurt, S. 7 [Publikumszeitschrift]

Ich mag es, Teil eines Teams zu sein und von Leuten, die ich bewundere, wie Sänger, Schauspieler, Tänzer, Komponisten und Beleuchter, umgeben zu sein. Alle verfolgen eine Vision, um am Ende Magie zu erzeugen. Im Theater sind es Wörter und Texte, in der Oper die Stimmen der Sänger und im Ballett die Eleganz und physische Leistung der Tänzer. Diese Zusammenhänge sind für mich viel reicher und bedeutsamer als die Modewelt. Leider wird die Modebranche immer mehr durch Extravaganz, Luxus, Verschwendung, die Macht des Geldes und Werbung dominiert. Sie hat nicht mehr viel mit Liebe oder Kreativität zu tun. Daher erfüllt es mich mit mehr Stolz, am Ende einer Aufführung mit dem Team vor ein aufrichtiges Publikum zu treten, als nach einer Fashionshow vor dem Mikrokosmos der Fashionistas zu stehen.

Seit ich 2009 meinen Posten im Hause Lacroix verlor, ist meine neue Profession das Kostümdesign. Als Kind träumte ich davon, Designer zu werden, aber nicht in der heutigen Modebranche. Meine Kunden waren wie Heroinen für mich. Heute sind Schauspielerinnen und Ballerinas meine neuen Kundinnen. Als ich noch Mode entwarf, habe ich Mainstream-Fashion bereits als furchtbar empfunden. Mich haben immer andersartige Inspirationen fasziniert, wie Folklore, Geschichte und Theater.

Als Kind begann für mich das echte Leben in einem Kino, einem Theater oder in der Oper – dort im Dunkeln auf einer Bühne oder Leinwand, spielte sich für mich das reale Leben ab. Für mich war das echte Leben zu ordinär und banal. Diese Einstellung hat sich bis heute nicht verändert. Aus diesem Grund widmete ich meine Arbeit dem Theater und der Oper. Dabei geht es nicht nur um das Kreieren von Mode, sondern um Imagination und darum, Träume und Seele in den Alltag zu bringen. 

Neben seiner Tätigkeit als Modeschöpfer entwirft Christian Lacroix seit 1987 Kostüme für Opern, Ballett- und Schauspielproduktionen. Unter seinen ersten Arbeiten fürs Theater befinden sich u. a. La Gaîté Parisienne für Mikhail Baryshnikov an der Metropolitan Opera und Bizets Carmen in der Arène de Nîmes. Für die Kostüme für Phèdre an der Comédie-Française erhielt er 1995 den französischen Theaterpreis »Molière«. Im Jahr 2003 arbeitete Christian Lacroix erstmals mit dem Regisseur Vincent Boussard am Théâtre Royal de la Monnaie in Brüssel zusammen, wo er die Kostüme zur Inszenierung von Mozarts Il Re Pastore entwickelte. Ihre Zusammenarbeit wurde in den folgenden Jahren in weiteren Produktionen fortgesetzt. Darunter Eliogabalo von Francesco Cavalli und Mozarts Così fan tutte am Théâtre Royal de la Monnaie sowie Mozarts Don Giovanni im Rahmen der Innsbrucker Festwochen und Mozarts Le nozze di Figaro für das Festival d’Art Lyrique in Aix-en-Provence, Agrippina für die Deutsche Staatsoper Unter den Linden, Bellinis I Capuleti e i Montecchi an der Bayerischen Staatsoper München sowie 2012 Madama Butterfly an der Hamburgischen Staatsoper. Seine Kostüme waren in weiteren gefeierten Opern- und Schauspielproduktionen zu sehen, u. a. Strauss’ Die Frau ohne Schatten am Théâtre Royal de la Monnaie, Alfred de Mussets Fantasio und Rostands Cyrano de Bergerac an der Comédie-Française, Massenets Thaïs an der Metropolitan Opera und Aida an der Oper Köln (Regie: Johannes Erath). Christian Lacroix wurde 1951 in Arles geboren, studierte Kunstgeschichte in Montpellier und Paris. Er begann 1978 für Hermès und 1980 für Guy Paulin zu arbeiten. Ab 1981 war er am Jean Patou House beschäftigt. Seit den 1980er Jahren gelang es ihm, seine bunten, extravaganten und luxuriösen Ideen durchzusetzen.