Haydnregion Niederösterreich

Auf den Spuren großer Vorgänger

Bruno Meichsner gewann den diesjährigen Internationalen Haydn-Wettbewerb. Das Finalkonzert mit erstklassigen Stimmen kann „nachgestreamt“ werden

Stephan Burianek • 12. Juni 2025


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Caroline Taylor (Bildmitte) war eine von sechs Finalist:innen © Fabian Sorger

Mit Rankings in der Kunst ist das immer so eine Sache, auch bei Gesangswettbewerben: Handwerkliche Aspekte lassen sich beurteilen, über deren Gewichtung entscheidet dann aber eher die persönliche Präferenz, von der Beurteilung von Stimmklang und Ausdruck ganz zu schweigen. Bei solchen Wettbewerben sind weder die Teilnehmer noch die Jurymitglieder sonderlich zu beneiden. Diese Erkenntnis dürfte vor wenigen Tagen beim Finalkonzert des siebten Internationalen Haydn-Wettbewebs die eine oder andere Person im Publikum gehabt haben, das in einem ehemaligen Wirtschaftsgebäude des niederösterreichischen Schlosses Rohrau zur Pause aufgerufen war, seinen Favoriten zu wählen. 

Sollte man bei seiner Wahl den Fokus auf Liedgesang legen oder doch eher den opernhaften Stimmen den Vorzug geben? Mit einer überzeugenden Bühnenpräsenz und einer Stimme, die herrlich trägt, wenn man sie laufen lässt, begeisterte der US-Bariton Joseph Parrish einen großen Teil des Publikums, wie man in den Pausengesprächen feststellen konnte. Spannend war in diesem Zusammenhang die Gegenüberstellung seiner Interpretation von Joseph Haydns „The Wanderer“ mit jener des Deutschen Bruno Meichsner, dessen zarter Vortrag sich auf eine herausragende Gesangstechnik stützte. Dass die beiden Interpretationen nahezu wie zwei unterschiedliche Lieder klangen, wurde durch die individuelle Begleitung am Klavier durch Mennan Bërveniku (mit Parrish) und Pantelis Polychronidis (mit Meichsner) gefördert. Phänomenal war zudem die Interpretation von Beethovens „Der Kuss“ des chinesischen Tenors Francis Ng, der mit einem hellen Timbre und der Wortdeutlichkeit eines deutschen Muttersprachlers faszinierte. 

Von den ursprünglich 40 Sängerinnen und Sängern hatten es bei diesem Wettbewerb nach den ersten beiden Ausscheidungsrunden in den beiden Tagen zuvor drei weibliche Teilnehmerinnen ins Finalkonzert geschafft, die ebenso wie die Männer mit individuellem Stimmklang aufhorchen ließen und die vor allem im zweiten, ausschließlich Haydn-Arien gewidmeten Teil auftrumpften. Die deutsche Mezzosopranistin Maria Hegele, die bereits im vergangenen Jahr bei den Gluck Festspielen positiv aufgefallen war, begeisterte mit einem Koloraturenritt in „Se lo comanda“ aus «Il mondo della luna» (Die Welt auf dem Monde), und mit eindringlicher Stimmkraft beeindruckte die britische Sopranistin Caroline Taylor in „Ragion nell’alma siede“ (aus derselben Oper). Die deutsche Sopranistin Laura Richter, die am Klavier als einzige von Chiho Togawa begleitet wurde, riss das Publikum mit einer unglaublichen, energiegeladenen Interpretation der Koloraturarie „Non partir, mia bella face“ aus «Orlando Paladino» zu einem regelrechten Begeisterungssturm hin (ihr wurde für diese Darbietung der Sonderpreis für die beste Interpretation einer Arie verliehen).

Jury-Vorsitzende Angelika Kirchschlager überreichte Bruno Meichsner die Urkunde für den 1. Platz © Fabian Sorger

Die namhafte Jury aus Opern- und Castingdirektoren unter dem Vorsitz von Angelika Kirchschlager kürte letztlich Bruno Meichsner zum Gewinner des mit € 8.000 dotierten ersten Preises, der von allen Teilnehmern wohl am eindrucksvollsten gezeigt hatte, dass er gleichermaßen im Lied wie in der Arie zu Hause ist. In gewisser Weise erinnert seine farbenreiche Stimme an Konstantin Krimmel, den Gewinner des ersten Internationalen Haydn-Wettbewerbs 2018. Der zweite Preis ging an Maria Hegele (€ 4.000), der dritte an Josph Parrish (€ 2.000).

Weitere sieben Preise, die von diversen Sponsoren gestiftet wurden, garantierten, dass kaum ein Teilnehmer leer ausging. Die japanisch-deutsche Mezzosopranistin Julia Kurig Yazaki, die es nicht ins Finale geschafft hatte, wurde zudem mit einem Nachwuchspreis bedacht. Dass die Sonderpreise höher dotiert sein könnten, merkte letztlich der Schauspieler und Kabarettist Alfred Dorfer bei der Übergabe des von ihm gestifteten Publikumspreises an: „Es lebe die Privatwirtschaft“, entglitt es ihm angesichts der Tatsache, dass seine Stiftung von € 2.000 höher war als jene einer Versicherung und eines Energielieferanten. Der Publikumspreis ging an den Gesamtgewinner Bruno Meichsner, der während des gleichzeitigen Online-Streams vermutlich die meisten Unterstützer mobilisieren hatte können. 

 


Link zum Online-Stream
(die ersten zwölf Minuten können getrost übersprungen werden)


 

Haydnregion Niederösterreich
7. Internationaler Haydn-Wettbewerb für Klassisches Lied und Arie (6.-8.Juni 2025)

Finalkonzert am 8. Juni